Die Grüneberg-Orgel der Französischen Kirche Potsdam

Herkunft und Wiederentdeckung der Grüneberg-Orgel

Die Orgel der Französischen Kirche war ursprünglich für die Reformierte Johanniskirche in Spandau gebaut worden, befand sich jedoch seit 1903 in der Dorfkirche Bärenklau bei Oranienburg. Dort geriet sie lange in Vergessenheit. Erst 1983 wurde sie von Andreas Kitschke gemeinsam mit Kantor Christlieb Albrecht eingehend untersucht und gewissermaßen wiederentdeckt. Dabei kam überraschend eine im Manual-Ventilkasten eingeklebte Inschrift zutage, die den lange vergessenen Erbauer des Instrumentes offenbarte:

„Anno 1783 … Orgel erbauet von Johann Wilhelm Grüneberg Orgelbauer in Brandenburg den 8ten May“

Die Orgel war seit Jahren unspielbar und bot einen wahrhaft traurigen Anblick: Einige Prospektpfeifen sowie Teile der Schnitzereien waren verschwunden. Innen lag eine dicke Schicht aus Kalkstaub und Schmutz sowie Holzmehl von frischem Wurmbefall. Einige Pfeifenreihen fehlten, andere waren verbeult. Nur sofortiges Handeln konnte den fortschreitenden Verfall aufhalten.

Aber die Orgel hatte an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort in Spandau in einem viel größeren Kirchenraum  gestanden. Beim Umsetzen in die kleinere Kirche von Bärenklau waren deshalb mehrere Register entfernt worden. Nach der dringend gebotenen Wiederherstellung des originalen Klanges wäre die Orgel viel zu lautstark für die winzige Bärenklauer Kirche. Das sprach gegen einen Verbleib an diesem Ort.

Die Grüneberg-Orgel besitzt eine auffällige Ähnlichkeit mit der längst vergessenen, 1787 für die Potsdamer Französische Kirche gebauten Marx-Orgel. Deshalb schlug A.Kitschke vor, dieses Instrument nach Potsdam zu holen. Hier gab es einst mehrere berühmte Barockorgeln, von denen aber keine erhalten geblieben ist.

Die Bemühungen zur Rettung der Orgel wurden vom Orgelsachverständigen KMD Christhard Kirchner und im Konsistorium der Evangelischen Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz von OKR Pettelkau nach Kräften unterstützt. So konnte die Französisch-Reformierte Gemeinde Potsdam 1985 das Projekt übernehmen und mit der Planung der Restaurierung beginnen. 1991 wurde das Instrument endlich ausgebaut und in die Werkstatt der Firma Schuke in Potsdam gebracht. Die Orgel ist zum überwiegenden Teil original erhalten. Außerdem sind in Spandau noch fast alle Orgelbauakten vorhanden. Deshalb war eine denkmalgerechte Restaurierung des Gehäuses und der Pfeifen dieses eindrucksvollen Instrumentes möglich.

Zeittafel zur Grüneberg-Orgel1765 die Witwe Anne Marie Schneeberg vermacht der Reformierten Spandauer Johanniskirche testamentarisch 1000 Taler für eine Orgel und ein Armenlegat

  • 1782 mit dem Tode der Frau Schneeberg am 31. Januar 1782 tritt die Schenkung in Kraft
  • 1782 im Februar reicht der renommierte Berliner Orgelbauer Ernst Marx sen., ein Schüler Joachim Wagners, zwei Zeichnungen und dazu Kostenanschläge ein
  • 1782 am 25. März bringt das „Amts-Kirchen-Revenuen-Direktorium“ den Brandenburger Orgelbauer Grüneberg in Vorschlag
  • 1782 am 13. April fertigt Grüneberg eine Prospektzeichnung und reicht am 25. April einen Kostenanschlag ein (683 Taler)
  • 1782 am 24. Mai Vertragsabschluß mit Grüneberg, dabei wird der Gesamtpreis auf 650 Taler herabgesetzt
  • 1783 am 27. Juni Abnahme der Orgel durch den Komponisten Johann Friedrich Rellstab (1759-1813) und den Organisten Wagner von der Berliner Dreifaltigkeitskirche
  • 1783 am 6. Juli Indienststellung der Orgel in der Spandauer Johanniskirche
  • 1802 Reparatur durch Friedrich Emanuel Marx (1767-1826), Sohn des einstigen Konkurrenten Grünebergs
  • 1836 Veränderung der Disposition durch einen ungenannten Orgelbauer
  • 1849 Reparatur, Intonation und Stimmung durch die Berliner Orgelbauer Wilhelm Lang (1794-1858) und Ferdinand Dinse (1811-1889)
  • 1859 Umbau durch Friedrich Hermann Lütkemüller (1815-1897), Wittstock
  • 1902 Abriss der Spandauer Johanniskirche (nach Fertigstellung des Neubaus der Lutherkirche)
  • 1903 Umsetzung der Orgel nach Bärenklau durch Alexander Schuke (1870-1933) aus Potsdam, dabei Fortlassung einiger Register (6 Grüneberg- und 2 Lütkemüller-Stimmen sind seither erhalten)
  • 1917 Beschlagnahme der Prospektpfeifen zu Kriegszwecken
  • 1927 Beschädigung bei Einsturz der Kirchendecke
  • 1928 Reparatur durch Alexander Schuke, neue Prospektpfeifen aus Zink
  • 1938 Begutachtung durch Hans-Joachim Schuke (1908-1979), jedoch keine Reparaturen
  • 1983 Vorschlag von Andreas Kitschke, die Orgel in die Französische Kirche in Potsdam umzusetzen
  • 1984 Zustimmung der Kirchengemeinde Bärenklau zur Abgabe der Orgel
  • 1985 Gutachten durch Orgelrestaurator Gernot Schmidt vom damaligen VEB Potsdamer Schuke-Orgelbau
  • 1990 Ergänzung und Restaurierung der Prospektschnitzereien durch Thürmer, Dresden
  • 1991 Ausbau und Sicherung der technischen und klingenden Teile der Orgel, Beginn der denkmalgerechten Restaurierung durch die Alexander Schuke Orgelbau GmbH Potsdam
  • 1992 Abbruch der Arbeiten, weil die weitere Finanzierung der Restaurierung nicht gesichert ist
  • 1994 Abbau und Instandsetzung des Orgelgehäuses durch Tischlermeister Olaf Thiede in Bötzow
  • 1999 Der frühere Verleger Ernst Naumann aus Ahrensburg bei Hamburg spendet die notwendigen Mittel zum Abschluss der Orgelrestaurierung. Die Werkstattarbeiten werden im Herbst fortgesetzt.
  • 2000 Mitte Februar wird das Orgelgehäuse durch die Firma Olaf Thiede aus Bötzow eingebaut
  • 2000 Zu Ostern am 23. April erklingt die Orgel zum ersten Mal im Gottesdienst, 6 Register sind bereits fertiggestellt
  • 2000 Am 22. Juli wird die vollständig restaurierte Orgel zum ersten Mal durch den Organisten der Gemeinde, Christoph Förste, öffentlich gespielt.
  • 2000 im September wird das Orgelgehäuse durch die Firma Kurt Kallensee & Sohn aus Potsdam farblich neu gefaßt und vergoldet.
  • 2000 Am 29. September wird die Fertigstellung der Orgel mit einem Festakt offiziell gefeiert
  • 2000 Am 9. Oktober erfolgt die Abnahme durch den Orgelsachverständigen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Herrn Christhard Kirchner. Anwesend waren Dr. Christoph Förste von der Französisch-Reformierten Gemeinde sowie die Herren Matthias Schuke, Tilo Catenhusen und Klaus-Michael Schreiber von der Alexander Schuke Orgelbau GmbH